Elternzeit in Schweden und in Deutschland – Was können wir lernen?
Schweden gilt als einer der Vorreiter für geschlechtergerechte Familienpolitik und dient als Vorbild für viele Länder. Kann das schwedische Modell für Elternzeit ein Vorbild für die deutsche Politik sein? Wie unterscheidet sich die Elternzeit in Schweden von der Elternzeit in Deutschland und was können wir daraus lernen?
Vergleich: Elternzeit in Schweden & Deutschland
Die Elternzeit bietet frisch gebackenen Eltern die Möglichkeit, sich um ihr neugeborenes Kind zu kümmern, ohne große finanzielle oder berufliche Nachteile hinnehmen zu müssen. In Schweden zeigt sich das Elternzeit-Modell als besonders großzügig, und für Väter ist es nahezu selbstverständlich, Elternurlaub in Anspruch zu nehmen.
Die Elternzeit ist in Schweden schon seit 1974 gesetzlich verankert und wurde seitdem kontinuierlich angepasst.
- Aktuell erhalten beide Eltern gemeinsam 16 Monate (= 480 Tage) Elternzeit.
- Jeweils 90 Tage beansprucht ein Elternteil für sich.
- Die restlichen 300 Tage können frei und flexible aufgeteilt werden.
In Schweden richtet sich die Höhe des Elterngeldes nach dem Einkommen der Eltern. Dies wird durch die existierende Elternschaftsversicherung ermöglicht. Sie ist ein integraler Bestandteil des Sozialversicherungssystems in Schweden.
In Schweden können Väter nach der Geburt oder Adoption eines Kindes bis zu zehn Tage Zuhause bleiben. Auch eine Aufteilung dieser Arbeitstage auf flexible Teilzeitmodelle ist möglich.
Im Vergleich dazu ist die "bezahlte" Elternzeit in Deutschland - inklusive der speziellen Regelungen zur Elternzeit für Selbstständige - auf 12 Monate plus 2 Partnermonate beschränkt. Beide Elternteile haben gemeinsam Anspruch auf rund 425 Tage Elterngeld, wobei dieser Zeitraum verdoppelt werden kann, jedoch ohne Erhöhung des Elterngeldes. Eltern erhalten im ElterngeldPlus monatlich die Hälfte des Basiselterngeldes. Das kann sich nicht jede Familie leisten.
Den 90 Tagen Elternzeit, die ein Elternteil in Schweden zur vollen Ausnutzung der Elternzeit mindestens nehmen muss, stehen in Deutschland zwei Monate gegenüber. Oft sind es die Väter, die diese zwei Monate direkt nach der Geburt in Anspruch nehmen und danach wieder vollzeitarbeiten, wie die untenstehende Grafik zeigt.
Die Maßnahmen der deutschen und schwedischen Regierungen zielen darauf ab, eher die sogenannten Opportunitätskosten auszugleichen, als Familien vollständig finanziell abzusichern. Das Ziel ist es, die Attraktivität der Elternschaft für erwerbstätige Personen zu erhöhen.
Deswegen ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung ein zentraler Schutz für die Familie für den Fall, dass ein Elternteil, seinen Beruf nicht mehr oder zumindest temporär nicht ausüben kann.
Ein weiterer wichtiger Baustein zur finanziellen Absicherung von Familien ist die Risikolebensversicherung. Im Todesfall eines Elternteils - z.B. auch während der Elternzeit - zahlt die Versicherung eine vorher festgelegte Summe an die Hinterbliebenen aus. Mit diesem Geld können laufende Kosten wie die Betreuung und Versorgung der Kinder gedeckt werden. Der Abschluss einer Risikolebensversicherung ist vor allem dann wichtig, wenn die Familie auf ein Einkommen angewiesen ist und finanzielle Verpflichtungen, wie z. B. ein Immobilienkredit oder ein Darlehen, bestehen.
Unterschiede zwischen der Elternzeit Schweden und Deutschland
Die Auswirkungen der schwedischen Politik auf die Geschlechtergleichheit sind deutlich. Rund 42 Prozent aller schwedischen Väter nehmen Elternzeit. Auch in Deutschland hat sich dieser Wert inzwischen angepasst und ähnlich viele Männer nehmen Elternzeit. Mit beeindruckenden Ergebnissen für die Gleichberechtigung: So zeigen Studien, dass sich Männer im Anschluss an die Elternzeit mehr in den Familienalltag einbringen.
Das macht aber immer noch einen großen Unterschied: In Schweden nehmen Väter zwischen sechs und neun Monaten Elternzeit. In Deutschland beschränken sich die meisten Väter auf die zwei Partnermonate. Die Verantwortlichkeiten zwischen den Eltern scheinen in Schweden also klarer verteilt zu sein, als in deutschen Familien. Verantwortlich dafür sind natürlich nicht nur die Gesetze, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz.
Während Schweden mit aufwendigen Werbekampagnen die schönen Seiten des Vaterseins in den Vordergrund stellt, gibt es in Deutschland inzwischen ähnliche Möglichkeiten. Ein entsprechendes Marketing findet aber kaum statt. Im Gegenteil: Noch immer stoßen viele Männer am Arbeitsplatz auf Widerstand von Vorgesetzten und Kollegen, wenn sie Elternzeit in Anspruch nehmen wollen.
Elternzeit in Schweden: Was kann Deutschland lernen?
Schweden fördert die Gleichstellung beider Elternteile durch die Gewährung von etwa 65 zusätzlichen Elternzeit-Tagen und der Reservierung von etwa drei Monaten für einen Elternteil. Dies unterstützt und entlastet Familien und ermöglicht es Vätern, eine aktivere Rolle innerhalb der Familie einzunehmen. Auch in Deutschland gibt es Forderungen nach vier Partnermonaten, die sonst verfallen würden. Studien deuten darauf hin, dass eine solche Regelung mehr Männer dazu ermutigen könnte, die Elternzeit in Anspruch zu nehmen.
Darüber hinaus könnten flexible Arbeitszeitmodelle und bessere Kinderbetreuungsangebote berufstätigen Eltern die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie erleichtern. So ist beispielsweise Jobsharing in Deutschland noch immer kaum verbreitet. Dabei hilft das Teilen von Führungspositionen, Männern sowie Frauen, dabei, Arbeit und Familie zu vereinbaren. Für viele wäre es wünschenswert, wenn auch in Deutschland das ungeschriebene Gesetz gelten würde, dass Eltern ab dem frühen Abend nicht mehr erreichbar sind. Außerdem müssen sich berufstätige Eltern darauf verlassen können, dass ihre Kinder in Kindertagesstätten gut betreut werden.