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Betriebliche Altersvorsorge: Neuerungen in 2019

Seit dem 1. Januar 2019 greifen weitere Änderungen bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). Jörg Sauthof. Experte für die bAV bei der Hannoverschen, erklärt im Interview, was sie bedeuten.

Heute im Interview

Jörg Sauthof ist Direktionsbeauftragter der Hannoverschen für das Firmengeschäft und dementsprechend Experte in Sachen betriebliche Altersvorsorge (bAV). Wir haben ihn pünktlich zum Jahreswechsel interviewt und mit ihm über die neuen gesetzlichen Regelungen rund um die bAV gesprochen.

Hallo Herr Sauthof, seit Neujahr 2019 gelten weiter verbesserte Regelungen bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). Skizzieren Sie uns kurz die wichtigsten Neuerungen?

Gerne. Ganz neu ist, dass Arbeitgeber jetzt bei der Entgeltumwandlung eine „Zuschuss-Pflicht“ haben. Diese gilt für Umwandlungsvereinbarungen, die ab dem 01.01.2019 abgeschlossen wurden. Für bestehende Verträge kommt sie auch, allerdings erst 2022.

Was heißt das genau?

Wenn ein Arbeitnehmer eine betriebliche Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung aufbaut und dafür beispielsweise 100 Euro von seinem Bruttogehalt aufwendet, kommen jetzt verpflichtend mindestens 15 Prozent Zuschuss vom Arbeitgeber drauf – aus 100 Euro werden somit 115 Euro. Die Verpflichtung gilt immer, soweit der Arbeitgeber dabei Sozialversicherungsbeiträge spart.

Klingt nach einem schönen Geschenk für die Arbeitnehmer.

Ja. Aber tatsächlich profitieren beide Seiten. Der Arbeitgeber spart innerhalb der Bemessungsgrenzen die Sozialversicherungsbeiträge. Der Arbeitnehmer spart Steuern und Sozialabgaben auf das Geld, das er umwandelt und bekommt außerdem den Arbeitgeberzuschuss obendrauf. Unterm Strich entsteht für niemanden eine Belastung. Es ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Welche Arbeitnehmer profitieren am meisten?

Besonders interessant ist die Änderung für kleine und mittlere Einkommen, sie profitieren am stärksten. Arbeitgeber zahlen den Zuschuss solange, wie sie dabei Sozialabgaben sparen. Effektiv hat das aber kaum Auswirkungen, weil wohl die wenigsten Arbeitgeber das tatsächlich einzeln ausrechnen. Der Verwaltungsaufwand dafür wäre sehr hoch.

Und dann denken Sie noch an den Betriebsfrieden: Der eine kriegt 15 Prozent, der Chef hingegen geht womöglich leer aus. So etwas führt über kurz oder lang immer zu Diskussionen und Unzufriedenheit. Praktisch wird es deshalb wohl eher so sein, dass jeder die 15 Prozent bekommt, egal wie viel er verdient und ob im Einzelfall tatsächlich Sozialversicherungsbeiträge gespart werden. Das ist aber natürlich nur eine Annahme, entscheiden muss das jeder Arbeitgeber einzeln.

Die Änderung für bereits bestehende Verträge greift erst 2022. Ist das nicht ungerecht?

Das kann man in der Tat so sehen. Nur, weil einer schon früher damit angefangen hat, klug fürs Alter vorzusorgen, bekommt er den Zuschuss jetzt drei Jahre später? Und jeder, der neu eingestellt wird, bekommt ihn automatisch? Den meisten Arbeitgebern ist das bewusst, sie handeln deshalb schon. Ebenfalls, um den Betriebsfrieden zu wahren. Die einfachste Lösung liegt darin, die 15 Prozent ab sofort für alle draufzulegen.

Als Versicherung arbeiten wir das mit unseren Kunden natürlich gemeinsam aus. Unsere Empfehlung: Den Zuschuss ab sofort auch denjenigen gewähren, die bereits länger ansparen.

Was hat sich noch geändert bei der bAV?

Die meisten Änderungen greifen bereits seit Anfang 2018. Dabei wurde zum einen die Abgabenfreiheit verdoppelt, Arbeitnehmer dürfen jetzt acht statt früher vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze lohnsteuerbefreit in die bAV fließen lassen. Das sind in 2019 6.432 Euro. Bis zur Hälfte dieses Betrags, also 3.216 Euro, werden außerdem keine Sozialabgaben fällig.

Noch dazu gibt es inzwischen einen Förderbeitrag für alle, die weniger als 2.200 Euro im Monat verdienen. Arbeitgeber können für diese Mitarbeiter bis zu 480 Euro im Jahr zusätzlich zum Gehalt aufwenden und dabei 30% des Beitrags von der nächsten Lohnsteueranmeldung abziehen. Die wichtigste Änderung liegt aber beim Freibetrag bei der Grundsicherung.

Sie meinen den Rentenschutz bei Altersarmut?

Es war ja tatsächlich eine Art Teufelskreis. Gerade Geringverdiener sollten die Chance auf eine Zusatzrente nutzen, um für das Alter vorzusorgen. Bislang war es aber so, dass sich das für sie kaum gelohnt hat. Denn die bAV wurde angerechnet, wenn man im Rentenalter irgendwann in die Grundsicherung fiel. Damit war das langjährige Sparen quasi sinnlos. Zum Glück wurde in dem Bereich gehandelt.

Von den Betriebsrenten werden zukünftig mindestens 100 Euro, maximal 212 Euro nicht mehr berücksichtigt und können so die Grundsicherung aufstocken. Damit lohnt sich die beste Form der zusätzlichen Altersvorsorge für alle.

Viele Experten bezeichnen die bAV als den "Königsweg" unter den zusätzlichen Altersvorsorge-Möglichkeiten. Warum ist das so?

Einiges haben wir schon besprochen. Die Beiträge zur bAV gehen direkt ab vom Brutto und senken damit die Steuerlast aufs Einkommen. Netto bleibt also prozentual mehr übrig. Dabei sind die Beiträge innerhalb großzügiger Grenzen komplett steuer- und abgabenfrei, was zusätzlich Geld spart.

Der neue, verpflichtende Arbeitgeberanteil ist ebenfalls so konstruiert, dass alle profitieren. Seit 2018 lohnt sich die bAV auch für Geringverdiener in jedem Fall. Und dann sind da noch zwei Punkte, die nur die wenigsten kennen.

Welche sind das?

Die bAV ist die einzige steuerlich geförderte Altersvorsorge mit der Option auf eine vollständige Kapitalabfindung. Alle anderen Formen gehen immer mindestens teilweise in eine lebenslange Rente, nur in der bAV hat man die Freiheit, sich das Geld auf einen Schlag auszahlen zu lassen. Etwa, um sich noch einen großen Lebenstraum zu erfüllen oder das Haus endgültig abzubezahlen oder was auch immer. Wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Ich glaube, es ist bei langfristigen Verträgen immer gut, wenn man selber wählen kann.

Und der zweite Punkt?

Es gibt die Option, im Fall des Ausscheidens beim Arbeitgeber hohe Beträge steuerfrei in die Altersversorgung einzuzahlen: Für jedes Kalenderjahr der Betriebszugehörigkeit kann man 3.216 Euro steuerfrei einzahlen, zurückgerechnet für bis zu zehn Jahre. Insgesamt also 32.160 Euro.

Denken Sie jetzt nur mal an eine Abfindung, die ein leitender Angestellter bekommt. Wenn man das versteuern muss, bleibt netto etwas mehr als die Hälfte. Fließt es in die bAV, geht weniger direkt ans Finanzamt. Und Hand aufs Herz: Dagegen hat wohl keiner etwas.

Anmerkung der Redaktion: Die betriebliche Altersvorsorge ist komplex, aber außerordentlich lohnenswert. Sie haben Interesse an einer bAV für sich oder in Ihrem Unternehmen? Wir beraten Sie gerne! Unsere Experten freuen sich auf Ihren Anruf: 0511.956 57 13.

 

Foto: © rh2010