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Burnout Prävention: Hilfe für Angehörige & Unternehmen

„Prävention von der Stange kann es nicht geben“ – Betroffene, Arbeitgeber und Politik müssen das Thema ernst nehmen und so den ersten Schritt in Richtung gesunde Arbeit gehen. Prävention sollte gesetzlich stärker gestützt und alle daran angemessen beteiligt werden.

Durch Burnout in die Berufsunfähigkeit

Kostenloses E-Book: Burnout und die Folgen - Kapitel 6

6.1. Wie können Arbeitgeber helfen?

Als Arbeitgeber steht Ihnen eine ganze Reihe an Mitteln zur Verfügung, um gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen. Beginnend mit moderaten Arbeitsanforderungen, über genügend Gestaltungsfreiraum für die Mitarbeiter sowie Unterstützung und Anerkennung haben Sie viele weitere Möglichkeiten zur Hilfe. Natürlich sollen nicht viel Lohn und Lob bei gleichsam geringen Anforderungen und Leistungen der Mitarbeiter eingefordert werden. Vielmehr geht es darum, ein gesundes Gleichgewicht zwischen beiden Seiten zu finden. Dazu ist eine Unternehmenskultur wichtig, die Wert auf gesunde Arbeitsbedingungen legt und im Austausch mit den Mitarbeitern steht.

Aber mein Mitarbeiter ist nicht nur aufgrund des Jobs krank, sondern wahrscheinlich durch das Zusammentreffen einer Vielzahl von Aspekten und Lebensumständen.

Markus P. aus B.

Interessant hierbei: Motivations- und gesundheitsfördernde Bedingungen sind nahezu identisch. Die meisten Arbeitnehmer möchten gute Arbeit leisten, da dies Anerkennung und Zufriedenheit bringt. Fragen Sie nach, was dafür vonnöten ist, welche Hindernisse existieren und wo Nachholbedarf besteht. Bei einigen fehlt eine Hilfe für einen ergonomischen Arbeitsplatz, andere brauchen mehr oder klarere Informationen oder flexiblere Arbeitszeiten, um sich voll und ganz auf die Arbeit konzentrieren zu können. Um wirklich heraus zu finden, was fehlt, hilft manchmal eine anonyme Mitarbeiterbefragung oder externe Unterstützung.

Gleichgewicht zwischen Anerkennung und geleisteter Arbeit - Burnout-Prävention Gleichgewicht zwischen Anerkennung und geleisteter Arbeit - Burnout-Prävention

Abbildung: Wenn am Arbeitsplatz das Verhältnis von Anerkennung und Unterstützung gegenüber Aufwand und Geleistetem um ein vielfaches kleiner ist, kippt das Gleichgewicht zum Negativen. Motivation geht verloren, Mitarbeiter wirken erschöpft oder nehmen gesundheitlichen Schaden. Empfehlenswert ist eine 3:1-Aufteilung, hier mithilfe einer Figur verdeutlicht.

Außerdem zeigen wissenschaftliche Untersuchungen wertvolle Orientierungsmöglichkeiten für Arbeitgeber auf, die zu einer gesunden und motivationsfördernden Arbeit führen und helfen Burnout zu vermeiden:

Flexible Arbeitszeiten
Sie stellen sicher, dass berufliche mit privaten Bedürfnissen vereinbar sind. Die Arbeitszeit stellt eine wichtige Voraussetzung für gute Arbeit dar. Je nach Persönlichkeit der Arbeitnehmer und Bedürfnissen des Arbeitgebers sollte eine Kernarbeitszeit gewählt werden.

Gestaltungsfreiraum
Autonomie und Kontrolle über Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter stellen eine einfache, aber oft übersehene Möglichkeit dar, Stress erfolgreich zu mildern. Gestaltungsfreiraum kann flexible Arbeitszeiten beinhalten. Ebenso die Wahl, wie und wann die Beschäftigten Aufgaben erledigen oder die Schaffung eines ausreichenden Spielraums für verschiedene Tätigkeiten.

Moderate Arbeitsdauer
Forschungen belegen, dass regelmäßige Überstunden zu Erkrankungen führen. Achten Sie also auf moderate Arbeitszeiten. Wenn es nicht anders geht, gewähren Sie Ihren Mitarbeitern einen relativ großen Gestaltungsfreiraum als Puffer. Derzeit sollen in Schweden Modellversuche herausfinden, ob eine deutlich verkürzte Arbeitszeit mit einer 35-Stunden-Woche die Produktivität steigert.

Regelmäßige Pausen
Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitspausen haben zusätzliche, kurze Ruhezeiten einen positiven Einfluss auf die Gesundheit. Fördern Sie Ihre Mitarbeiter darin, regelmäßig kurze, aktive Unterbrechungen einzulegen, damit die Konzentrationsleistung aufrechterhalten wird. Bieten Sie kurze Bewegungs-, Geh-, Entspannungs- oder „Apfelpausen“ an.

Anerkennung und Be-/Entlohnung
Untersuchungen stellten fest, dass mangelnde Anerkennung geleisteter Arbeit zu Stress führt. Daher sollten Sie nicht nur eine angemessene Entlohnung anbieten, sondern Leistungen auch im persönlichen Kontakt anerkennen. Angemessenes Lob sollte zu Ihrer Unternehmenskultur gehören.

Sinnvolle Tätigkeiten
Irrelevant erlebte Arbeit wirkt demotivierend und kann auf Dauer zu Stress führen. Betrauen Sie daher Mitarbeiter mit einer Reihe von Tätigkeiten, die wichtig für das Unternehmen sind und für die Sie auch entsprechend Anerkennung aussprechen.

Unterstützung
Schwierige oder stressige Situationen gehören zum Arbeitsalltag dazu. Um nicht unnötig Stress aufkommen zu lassen, sollten Sie Ihren Mitarbeitern bei Bedarf einfach und selbstverständlich inhaltliche, technische oder manchmal auch emotionale Unterstützung geben.

Gesundheitsrelevante Fortbildungen
Bieten Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit der Fortbildung zu Themen wie Stress, Entspannung, Ernährung, Bewegung, Kommunikation, Konflikten oder Zeitgestaltung an. Wissen ist der erste Schritt, Verhalten und Gewohnheiten überhaupt ändern zu können.

Tätigkeitsrelevante Fortbildungen
Stress kann entstehen, wenn die persönlichen Fähigkeiten nicht zu den gestellten Anforderungen passen. Hier sind entsprechende Fortbildungen oder auch ein Arbeitsplatztausch hilfreich und ein Zeichen von Unterstützung.

Anlaufstellen
Weisen Sie interne oder externe Anlaufstellen für Fragen zu psychischen Belastungen, gesunder Arbeit oder Konflikten aus. Darüber können Mitarbeiter sich dann ggf. informieren, einen Gesundheitscheck durchführen, Feedback einholen oder sogar Supervision in Anspruch nehmen. Die Angestellten sollten wissen, wer für sie im Falle von Überlastung zuständig ist.

6.2. Wie können Angehörige helfen?

Stellen Sie sich vor, Sie stecken in einer verzwickten, belastenden Situation. Mancher kennt das von Prüfungen. Kurz vorher bemerken Sie auf einmal, das Gelernte reicht zum Bestehen vermutlich nicht aus. Oder Sie bekommen plötzlich einen Blackout und alles Wissen ist vergessen. Stellen Sie sich nun vor, ein Kollege / Kommilitone / Mitschüler erzählt Ihnen nun in dieser Situation ausführlich, wie er in Ihrer Lage vorgehen würde. Ein Ratschlag folgt auf den nächsten. Vielleicht bemerken Sie nun ein leichtes Gefühl der Anspannung. Sie wissen ja ohnehin, Sie müssen das auf Ihre Art lösen und nur wenige Ratschläge passen genau für Ihre Situation.

Jetzt fragen Sie, was hat die Ausführung mit Burnout zu tun? Leiden Menschen daran, so sind sie meist auch schon länger in einer stressigen und belastenden Situation. Sie haben sich schon einige Gedanken darüber gemacht, wie sie aus ihrer misslungenen Lage wieder herausfinden können. Zusätzliche Ratschläge verlängern dann meist nur die eigene Liste derjenigen Dinge, mit denen man sich bereits überfordert fühlt.

Immer wieder "beklagt" er sich über seinen leeren Akku, fühlt sich am Ende und leidet unter Schlafstörungen und Kopfschmerzen.

Birgit G. aus M.

Wie können Sie stattdessen helfen? Fragen Sie nach, was bisher unternommen wurde und was genau – wenn auch zu kleinen – Erfolgen führte. Womit ging es dem Betroffenen besser? Vielen reicht schon, verstanden zu werden und die Möglichkeit zu bekommen, die eigene Situation zu schildern. Im gemeinsamen Austausch – ohne Ratschläge von außen oder oben – zeigen sich oft neue, realisierbare Wege auf, Stress zu reduzieren.

Eine Depression ist eine Krankheit der Seele. Die Seele kann man nicht richtig anfassen. Wenn ich einen stressigen Tag hatte oder einfach irgendwie hibbelig bin, nimmt mich meine Frau in den Arm. Sie hält mich dann ganz fest und zeigt mir, wie ruhig sie ist. Sie gibt mir davon etwas ab und ich versuche, dieses Gefühl in mich aufzunehmen.

Rainer B. aus H.

Schließlich können Sie Ihre Unterstützung, wenn vertretbar, anbieten. Dazu zählen auch Informationen über Hilfsangebote. So werden Sie eine Ressource für Betroffene.

6.3. Wie kann die Politik helfen?

Enge gesetzliche Vorgaben schützen die Arbeitnehmer und halten sie somit gesund. So regelt das Gesetz z. B. die Urlaubsdauer (§3 BuUrlG) oder die Pausenzeiten (§4 ArbZG). Auch die Wochenarbeitszeit wurde auf Werktage (Mo-Sa) sowie auf 40 Stunden begrenzt. Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs betrug sie noch 48 und um 1900 sogar 60 Stunden. Zusätzlich gibt der Gesetzgeber im Arbeitsschutzgesetz vor, dass Arbeitgeber auch psychische Beanspruchungen ihrer Mitarbeiter möglichst gering halten müssen.

Dennoch nehmen Stressbelastung und die dadurch bedingten Erkrankungen zu. Daher erklärte die Bundesarbeitsministerin im Stressreport 2012, psychische Belastungen schwerpunkthaft mit einer Arbeitsschutzstrategie anzugehen. Zwei Jahre danach existieren noch immer keine verbindlichen Vereinbarungen und ein „Anti- Stress-Gesetz“ bleibt hauptsächlich nur eine oppositionelle und gewerkschaftliche Forderung.

Gesetzliche Regelungen zum Arbeitsschutz sind essenziell. Dennoch bleibt die Frage, wie realistisch und sinnvoll ein generelles „Anti-Stress-Gesetz“ ist. Zeitdruck entsteht für den einen Arbeitnehmer durch Akkordarbeit, für den anderen jedoch durch überzogene Kundengespräche oder Treffen mit Kollegen. Während ein Arbeitnehmer unter ständiger Erreichbarkeit leidet, ist es bei anderen der Kollege oder der Vorgesetzte, der Informationen vorenthält.

Ein so vielschichtiges Problem wie Stress am Arbeitsplatz muss daher zielgruppenspezifischer angegangen werden – mithilfe von Aufklärung und präventiven Angeboten. Hier helfen gesetzliche Vorgaben, die entsprechende Angebote fördern sowie eine öffentliche Diskussion. Letztlich führt also die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Burnout und Stress zu einer gesünderen Arbeit. Möglich wäre auch die politische Förderung einer gesunden Arbeitskultur.

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